In letzter Zeit häufen sich Meldungen über die zunehmende Jugendgewalt in Europa. Pariser Vororte brannten, in Holland kam es zu Scharmützeln zwischen Migrantenbanden und der Polizei. Prügeleien und Randale krönen fast jedes wichtige Fussballspiel; auf Mobbing unter Schülern muss mit professionellem Konfliktmanagement geantwortet werden. Immer heftiger entlädt sich willkürliche Gewalt gegen Fremde und Unbeteiligte, mal wird ein Rentner verdroschen -“frech” soll er geguckt haben; ein andermal wird ein Passant auf offener Strasse attackiert, weil er ein Mädchen vor testosterongesteuerten Tagedieben schützen wollte.
Nach jedem Vorfall versammeln sich die Sachverständigen und liefern differenzierte Gutachten und (V)Erklärungen, die die Tat der halbwüchsigen Delinquenten ins richtige Licht rücken sollen. Dadurch wird die Eigenverantwortung verwässert, die Schuld vom Schuldigen abgekoppelt, psychologisch durchleuchtet und schliesslich der Gesellschaft oder den Umständen zur Last gelegt. Nun leben wir in Rechtssystemen, in denen theoretisch strikte Regeln gelten zum Schutze von Eigentum und Leben, des Schwachen vor dem Stärkeren. Der moderne Wohlfahrtsstaat bietet faire Startbedingungen für alle. Teenager und Eltern, ja schon Kinder, haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten – altmodische zwar, wie beispielsweise Achtung vor Mitmenschen, oder ganz banale wie die Einhaltung der Gesetze. Wer den Unterricht schwänzt verliert den Anspruch auf Bildung, als Erwachsenem drohen ihm bei Arbeitsverweigerung Lohnstopp und Entlassung.
Gerechtigkeit entspringt dem sittlichem Benehmen in der Gemeinschaft und kann nicht einseitig gefordert werden. Wenn Linke von Chancengleichheit reden meinen sie im Grunde eine staatlich verbriefte Erfolgsgarantie. Diese ist jedoch unvereinbar mit dem Leistungsgedanken und dem Streben nach individueller Entfaltung. Wissen soll frei zugänglich sein – die Bücher aus öffentlichen, oft sogar gratis nutzbaren Bibliotheken muss man aber schon selber lesen. Ob wir die Hand als Waffe oder Werkzeug gebrauchen – die Entscheidung nimmt uns keiner ab, wie folgende Zen-Parabel lehrt:
Ein Meister ging einmal seines Weges. Da kam ein Unbekannter und schlug wütend auf ihn ein. Der Meister fiel zu Boden. Dann richtete er sich mühselig auf und hinkte weiter, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Ein Bursche, der ihn begleitete, fragte schockiert: “Wer ist der Angreifer? Warum lässt du ihn gewähren! Jeder kann daherkommen und dich töten. Und du kümmerst dich nicht, wer dieser Mann ist und warum er das getan hat!”
Der Meister sagte: “Das ist sein Problem, nicht meins.”