Suppen und andere Delikatessen

Am Samstag tagte die FDP Schweiz. Die Liberalen gingen über die Bücher, befanden, dass sie bisher zu kompliziert kommuniziert haben und dass sie sich mit verständlicheren, prägnanten Parolen an die Öffentlichkeit wenden müssen. Nach der radikalen Neuausrichtung werden sie künftig drei Kernthemen belegen, nämlich „Arbeitsplätze“, „nationaler Zusammenhalt/Sicherung der Sozialwerke“ und „schlanker, bürgerfreundlicher Staat“. Für diese Anliegen werden ausgewählte Vertreter werben, welche die düstere Politlandschaft erhellen sollen.

Die Slogans muten besonders zahnlos an, nachdem sich der Chef, Fulvio Pelli, zu ungewohnt markigen Seitenhieben nach rechts und links hinreissen liess. Die unkritische Berichterstattung zum Parteitag inspirierte mich dann auch zu einem – unveröffentlicht archivierten – Leserbrief auf NZZ Online. Der gute alte Suppenkaspar lieferte mir den Titel dazu:

Nein, diese Suppe ess‘ ich nicht…

„Nicht zu viel und nicht zu wenig“ Regeln strebt die FDP an. Sowas steht bei mir in der Rezeptfibel, als Parteiprogramm ist die Bouillon doch schon arg „gestreckt“. Eine dermassen unausgegorene Haltung erinnert mich an meinen Teenager: für ihn sind die anderen Cliquen, auf nationaler Ebene wären das SP, CVP, SVP, voll daneben (d.h. zu jeder Schweinerei und Heuchelei fähig); mit jugendlichem Tatendrang will er alles dürfen, ja keine Vorschriften – solange es gutgeht und die Wirtschaftsmaschine den Arbeitsmarkt von selbst ankurbelt . Falls das Projekt floppt oder die Bilanz aus den Fugen gerät, wie z.Bsp. bei der SBB Pensionskasse, wird ungeniert nach Big Daddy (siehe 2. Stichwort) gerufen. Wir „Alten“ (Eltern bzw. Parteileitung) müssen halt dem Groll des Heisssporns (Volk) trotzen, wo immer unangenehme Entscheidungen gefällt werden müssen.“

Dieses Wochenende wurde die SP bei den Urnengängen im Tessin klar abgestraft. Als Sieger konnten sich SVP und Lega feiern lassen. Dieser Umstand verleitete einen NZZ-Leser zur Prognose, dass sich die „SVP-Dirtyliner“ schon bald mit der ebenso unsäglichen Tessiner Lega verbrüdern würden, wo sie sich unter den „Rechtsradikalen“ sicherlich zuhause fühlen. Das konnte ich so nicht stehenlassen und konterte (erneut ungehört):

Mit unterschiedlichen Ellen messen

„Wenn sich die SVP basisdemokratisch eine Linie gibt und sich die Mitglieder daran halten, wird ihnen Kadavergehorsam vorgeworfen. Wenn der FDP-Boss seinen Leuten ein diskretes Schweigen nahelegt, falls die persönliche Meinung von der offiziellen abweichen sollte, ist das höhere Taktik? Wenn sich ein als persona non grata schubladisierter Parlamentarier gegen ehrverletzende Äusserungen eines regierenden „Leuchtturms“ zu wehren versucht, soll er sich nicht so anstellen, schliesslich verdient er keinen Respekt als Chefideologe der „droite blocherienne“. Wahlen gewinnt die wohl nur mit Tücke und Kabale, ihre Anhänger sind doch alles Dumpfbacken und Verführte?! Es ist reichlich unfair, der FDP ständig einen Imagebonus zuzugestehen, während man munter und ungeniert auf die SVP eindrischt. Lega und SVP punkten vor allem, weil sie die Probleme der Menschen schonungslos benennen. Was ist schlecht daran? Ohne Diagnose keine Therapie.“

Im Gegensatz zur Hauszeitung des Freisinns erwies sich die eher konservative deutsche „Welt.de“ als offen genug, meine populärpsychologische Anmerkung zu publizieren, zu denen ich mich durch „Big Bens“ Ermahnungen gegen unheilvolle Mächte anlässlich eines Gottesdienstes auf seiner US-Reise veranlasst fühlte: „Der Papst ist als Person sehr interessant, denn er zeigt, wie sehr eine kindliche Prägung ein ganzes Leben nachwirkt. Bei seinem Treffen mit amerikanischen Familien meinte er, die Nazis hätten seine Jugend vergiftet in ihrem Wahn, alle Antworten zu haben. Heute, über 60 Jahre später, repräsentiert er eine Organisation, die sich auch anmasst, die einzig gültige Wahrheit zu besitzen. Dogma in, Dogma out. Im Guten und im Schlechten ist man ein Produkt seiner Zeit.“

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