Roter Frühling

Die Steuergerechtigkeits-Initiative wurde, 119 000 Unterschriften stark, in Bern eingereicht. Nachdem schon Deutschland sich von wirtschaftsfeindlichen Verheissungen betören liess, ruinöse Mindestlöhne einführte (und zwischenzeitlich wieder verwarf), mit Elterngeld und Krippenplätzen den Geburtenrückgang zu stoppen versucht, schwappt die sozialistische Nostalgiewelle ungebremst auf die Schweiz über. Erst kürzlich probten die Tessiner Eisenbähnler mit Furore und bischöflichem Segen den Arbeiteraufstand. Und siegten: Gewerkschaft und Bevölkerung zwingen die SBB-Bonzen in die Knie, die angeordnete Werkschliessung ist vom Tisch.

Fairness für alle?
Die Kolchose in Bellinzona ist erst der Anfang. Kantonal verankerte Autonomie soll nun einer umfassenden “Harmonisierung” der Fiskalpolitik weichen. Im Visier der Linken sind einmal mehr die Habenden, denen man in bester Klassenkampf-Rhetorik das Recht auf Gleichbehandlung abspricht. Allerlei halbseidene Machenschaften dürfen ihnen unterstellt werden, denn mit Können, Fleiss und einem Quentchen Glück schaffe man es ja kaum in die oberen Zehntausend. “Stopp dem Missbrauch beim Steuerwettbewerb” lautet dann auch die Parole der Initianten.

Von Holdinggesellschaften und Geldaristokraten solle sich die Schweiz den Wohlstand nicht weiter finanzieren lassen. Dass Kapital abwandert und die Ausfälle einmal mehr auf Kosten der schrumpfenden Mittelschicht kompensiert werden müssen ist irrelevant; wer besitzt kann zahlen. Prickelnde Bergluft und Auenlandidylle sind helvetische Standortvorteile genug. Und klaffen irgendwann exotische, kratergrosse Schlaglöcher in unseren Strassen, erspart uns das die Reise nach Kuba.

Neue Arme…
Nur: die Opfer der Ausbeutung sind hierzulande schwer zu lokalisieren*): gehungert wird bei uns ausschliesslich der Figur zuliebe; Kinderarbeit ist gebannt, juvenile Dickleibigkeit und Komatrinken beschäftigen die Soziopädagogen. Und die Alten? Die zählen strikte genommen nicht mehr zu den Schwachen seit die SP, ganz der Gerechtigkeit verpflichtet, den Generationenvertrag kurzerhand kündigt und die durch Arbeitsleistung erworbenen Privilegien des Ruhestandes streichen will. Dank Pensionskasse, Wellness und Biofood seien Rentner heute finanzkräftiger und agiler denn je und verdienten keinen Sonderstatus mehr. Dafür hat die Partei eine neue Klientel für sich entdeckt: die “working poor”.

…und gute Reiche
Proletarier – so hiessen sie im kruden marxistischen Vokabular. Genossen und Genossinnen nennen sie im 21. Jahrhundert eleganter “Präkariat”. Dieser Schicht soll die Umverteilung zugute kommen; “Steuergeschenke” für Besserverdiener sollen abgeschafft werden, mehr Solidarität wird gefordert. Mitgefühl passiert aber freiwillig, geteilt wird unter Zugehörigen instinktiv und sichert das Überleben der Gruppe. Das staatlich legitimierte Nehmen gehorcht hingegen oft wenig christlichen Regungen wie Neid und Gier. Dazu die Anekdote vom armen Schlucker, der sich einst an Rockefeller wandte: Er sei doch so unverschämt reich, da könne er ihm ruhig etwas abgeben. Worauf ihm der Ölmagnat einen Brief zukommen liess mit den Worten: “Bei soundsoviel Menschen beträgt Ihr Anteil an meinem Vermögen exakt 1 $. Sie finden ihn im Couvert”.

*) Nachdem diese Gedanken online waren veröffentlichte Barclays Wealth eine Studie, wonach jeder fünfte Schweizer Haushalt zum Club der Millionäre gehöre: schuldenbereinigt und inklusive Sparguthaben in der 2. und 3. Säule.

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