Paris, Rom, London

Ende April erobern die Postfaschisten Rom, kurz darauf fällt London gar an einen Upperclass-Spross mit anarchistischen Neigungen: dessen drohender Sieg über den amtierenden ultralinken Bürgermeister bewegt die NZZ am Vorabend noch zur bangen Frage, wie sich die Wahl des Enfant terrible wohl auf das Image der Themse-Metropole auswirken würde. Berlusconis Bündnis schlägt die von einem Altkommunisten ins Leben gerufene neue demokratische Bewegung klar und unmissverständlich, was in diesem Fall aber kein Grund zur Freude sein kann; vielmehr zeigt der Triumph der Rechten das Ausmass der Misere im Stiefel und lässt mich – etwas provokativ – Joseph Marie de Maistre umgekehrt zitieren: „Jede Regierung hat das Volk, das sie verdient“. Denn gerade in Italien herrscht seit 60 Jahren das – mal mehr, mal weniger – organisierte Chaos.

Ob mit Parteiprogrammen überhaupt noch Probleme gelöst werden können ist fraglich: auch die Franzosen haben sich um einen starken Mann geschart; wenn ihr „Bling-Bling-Präsident“ dann – nach diversen Eskapaden – seinen Job macht und die notwendigen Sparmassnahmen verordnet, ist sich die grande nation doch nicht mehr so sicher, ob sie die ersehnten Veränderungen wirklich will. Selbstbeschneidung wäre angebracht, Verzicht und Abkehr vom Wohlfahrtsstaat. Zu viele profitieren jedoch von der öffentlichen Hand, sodass paradoxerweise nun die gleichen Bürger gegen die geplanten Reformen demonstrieren, die Sarkozy vor nicht allzulanger Zeit ins Elysee gejubelt haben.

Vermutlich erwachen die Tories ebensoschnell und unsanft aus ihrer momentanen Euphorie, wenn sie die Zwänge der Realpolitik ungefiltert zu spüren bekommen. Opponieren ist einfacher als regieren. Tony Blairs New Labour wurde einst als Erfolgsmodell gefeiert: heute, eineinhalb Jahrzehnte nach der Machtübernahme stehen seine Erben vor einem Scherbenhaufen und spüren den ganzen Unwillen der Briten. Ob der konservative, nicht minder exzentrische Boris Johnson die multiethnische Weltstadt besser als der „Rote Ken“ zu führen vermag wird sich weisen. Die Eiserne Lady wüsste dem coolen Newcomer vielleicht den einen oder anderen Rat. Bei einem Dinner for two.

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