Jahrmarkt der Ideen

Zu den Holocaustleugnern gesellen sich jetzt die Evolutionsleugner. Obwohl die Faktenlage in beiden Fällen eindeutig ist werden historische bzw. naturwissenschaftliche Tatsachen ignoriert, um die eigene „Weltanschauung“ aufrechtzuerhalten. Der Genozid an den europäischen Juden ist tausenfach dokumentiert, von Überlebenden in aufrüttelnden Zeugnissen bestätigt worden. Ebenso lässt sich die Entwicklung der Arten vom Einzeller zum hochkomplexen Organismus anhand einer Fülle von paläontologischen Beweisstücken (Fossilien) nachvollziehen. Darwins Erkenntnisse gelten nach dem Stand der heutigen Forschung als unwiderlegt.

Jedoch – niemand ist blinder als der, der nicht sehen will. Dem Kreationisten genügen keine Funde, keine von blossem Auge sichtbaren Verwandschaftsbeziehungen zwischen Lebensformen. Anfang März fand in Rom eine mehrtägige Konferenz zu Evolution und Glaube statt, an der intelligent Design als „nicht wissenschaftlicher Standpunkt“ vom Vatikan kurzerhand ausgeschlossen wurde:  bei aller Dogmatik mag also nicht einmal mehr die gestrenge römisch-katholische Kirche wortwörtlich an der biblischen Schöpfungslehre festhalten.

Und trotzdem lanciert der Verein ProGenesis eine Volksinitiative, um den Mythos von Adam und Eva „wertneutral“ und gleichberechtig neben der Evolutionstheorie im  Biologieunterricht zu verankern.  Mehr noch, die Initianten behaupten,  letztere sei „falsch“ und beschuldigen die öffentliche Schule, die Kinder zu Atheisten zu erziehen.

Als nächstes werden die Anhänger des fliegenden Spaghettimonsters verlangen, ihre Vorstellungen im Lehrplan zu berücksichtigen.  Damit wäre  Richard Williamson, Bischof der ultrakonservativen Pius-Bruderschaft,  aus dem Schneider:  mit den gleichen Argumenten könnte nämlich von den Revisionisten verlangt werden, ihr „Geschichtsverständnis“ als Option zur offiziellen Version nachzureichen. Im Fach „Intelligente Geographie“ würde sodann  verkündet, die Erde sei sowieso nur als Scheibe erfahrbar.  Und Alternativ-Pädagogen würden sich in ganzheitlicher Arithmetik versuchen, frei nach dem Motto:  2 + 2 = 4, aber 3 oder 5 geht im Zeichen der Toleranz  auch.

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