Für’s Leben lernen

Nachdem wir unseren Sohn nun bereits mehrfach während seiner doch noch recht kurzen Schulkarriere von Religion & Co. dispensieren mussten, geht’s in der Oberstufe munter weiter. Schon dem Begrüssungsschreiben lag ein dichtbeschriebenes Infoblatt zum „ökumenischen Religionsunterricht“ bei, das mit 2 Worten die Glaubensfreiheit erwähnt und auf 30 Zeilen davon abrät, dem Kind wichtige, gruppendynamische Begegnungen mit Andersgläubigen zu verwehren und es so – mit verheerenden sozialen und emotionalen Folgen – auszugrenzen.

In der 1. Schulwoche fielen bereits mehrere Lektionen aus, teils für die Vorbereitung, teils für die Durchführung der Eröffnungsfeier, die sich auf den 2. Blick als obligatorische Messe entpuppte. In der 2. Woche wurden Flyers der Grischona-Kirche auf dem Schulhofareal verteilt, die zur megamässigen Teenagerparty luden. Dass es sich dabei weniger um Zuckerwatteschlecken denn ums gemeinsame Lobpreisen von Jesus geht (wie auf der Homepage nachzulesen war), war darauf natürlich mit keiner Silbe erwähnt. Am 3. Freitag dann folgte die Einladung ins „Schlaraffen-Land“ des TC-Clubs, der Rekrutierungsplattform für Neumitglieder dieser sehr aktiven, missionsfreudigen Freikirche.

Heute nun ist der ganze Nachmittag dem Projekt „Über Mauern springen“ gewidmet. Statt in den Zeichenunterricht werden alle 1. Oberstufenklassen auf den Spuren unseres christlichen Erbes in der Gemeinde wandeln. Sie werden das syrisch-orthodoxe Kloster besichtigen, die katholische Kirche abklappern, dann weiter zur reformierten, überall belehrt werden und am Schluss gibt es zur Belohnung für’s artige Kopfnicken einen Imbiss.

Der Klassenlehrer zeigte sich unbeeindruckt vom Generaldispens für sämtliche Anlässe, die vom Religionsteam organisiert und geführt werden, den wir Eltern vorausschauend anfangs Schuljahr eingereicht hatten. Junior habe sich im Schulgebäude einzufinden und der Abwart werde ihm dann schon zu beschäftigen wissen. Ich war entgeistert und telefonierte kurzum mit dem Schulleiter.

Im Verlauf des Gesprächs zeigte sich, dass die Verantwortlichen die atheistische, säkulare Weltanschauung, die ABWESENHEIT irgendeines GOTTESBILDES, nicht zur Kenntnis nehmen wollen oder können.  Es stellte sich nämlich heraus, dass in Schwyz weitreichende Konzessionen an die Landeskirchen gesetzlich verankert sind und sich in den Lehrplänen wiederfinden: neben der offiziellen Wochenlektion  können sie bis zu 15 Stunden für „religiöse Bildung“ aushandeln. Die konfessionslosen Schüler sind zwar in keiner Weise verpflichtet, in irgendeiner Weise  mitzumachen. Wie dieser Umstand kommuniziert (bzw. todgeschwiegen) wird fällt in eine Grauzone, die es zu eliminieren gilt.

Vorgängig muss sich jedoch auf breiter Front die Erkenntnis durchsetzen, dass die verfassungsmässige Glaubensfreiheit auch und vor allem heisst, sich NICHT mit Glauben zu beschäftigen, erst dann lässt sie sich auch in die Behörden der  katholischen und evangelisch-protestantischen Hochburgen tragen.

Wie unser Pennäler uns berichtet, kursiert das Gerücht, dass schon andere nichtgläubige Schüler den Austand geprobt hätten, sie aber am Ende doch den Weg des geringsten Widestandes wählten: wer kann es ihnen verübeln, nach 3maligem Pausenplatz-Säubern machen sie dann halt auf „dialogbereit“.

Wie soll man solche Vorkommnisse nennen? Sanfter Druck? Procedures? Förderung des Mitläufertums? Oder ganz einfach: Religionszwang in der aufgeklärten Schweiz,  im 21. Jahrhundert, 8 Jahre nach 9/11.  Sowas gehört in der Lokalpresse thematisiert. Der Arbeitstitel eines entsprechenden Leserbriefes steht bereits fest: Die einen beten, die andern putzen hinter ihnen auf.

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