Die drei Siebe

Volontären auf allen Redaktionen, Publizistikstudenten im ersten Semester sei die Geschichte von den drei Sieben des Weisen mit auf den Weg gegeben: Einmal traf Sokrates auf einen Bekannten, der ihm ganz aufgebracht von einem Freund berichten wollte. Worauf der Philosoph ihn unterbrach: Ob er denn das, was er erzählen wolle, durch drei Siebe gesiebt habe. Dem erstaunten Manne erklärte er: “”Ja! Drei Siebe! Das erste ist das Sieb der Wahrheit. Hast du geprüft, ob es auch wahr ist? Und wenn es nicht wahr ist, ist es gut? Auch nicht? Nun, dann wollen wir noch das dritte Sieb nehmen und uns fragen, ob es notwendig ist, dass ich erfahre, was dich so zu erregen scheint”. “Notwendig gerade nicht….” meinte der Mann, worauf Sokrates: “So lass es begraben sein und belaste weder dich noch mich damit.”

Was ist wahr?
Schon den Wahrheitstest würde manche Information nur bedingt bestehen. Skepsis ist ratsam, wenn “zuverlässige” Quellen oder “Recherchen” zitiert werden. Besonders argwöhnisch sind Politikerstatements zu geniessen, nur zu oft entpuppen sich “Steuergeschenke” als Autobahn-Vignetten, Abfallmarken, Klimarappen und Gebühren aller Art. Komplementärmedizin heilt. Mit Schwingungen? Welches Gefahrenpotenzial bergen Genfood und Masernimpfung tatsächlich?

Die “Güte” einer Nachricht ist ebenso schwer abzuschätzen. Persönlich begrüsse ich es, dass Bauern weiterhin primär Lebensmittel und nicht Biosprit herstellen wollen, Leute in der Ökobranche sehen das leicht anders. Als anglophile Mutter gönne ich es meinen Kindern, dass sie schon in der Grundschule Englisch lernen, Bildungsdirektoren beraten derweil über die Zukunft der Landessprachen, Rätoromanisch dürfe nicht aussterben.

Infotainment
Die Trennung zwischen Boulevard und seriöser Berichterstattung wird immer fliessender, das Gehalt von Wirtschaftsbossen ist von eminentem Interesse, wenn VIPs heiraten freut sich der 10 vor 10 Moderator mit. Besonders wichtig schien kürzlich ein angestaubtes Jugendfoto der französischen Präsidentengattin: der Weltöffentlichkeit musste es präsentiert werden, denn die Première Dame war, oh là là, gänzlich hüllenlos zu bestaunen.

Journalisten haben einen vielfältigen Auftrag. Mal wollen sie unterhalten, mal für diese oder jene Idee werben, manchmal schlicht eine leere Seite füllen. “News” sind zum Produkt verkommen, das gesponsort, vermarktet, konsumiert wird. Obiektiv war die Berichterstattung noch nie. Dabei sollten uns gerade die öffentlichen Informationsorgane möglichst neutral mit Fakten versorgen.

Was ich nicht weiss…
Letztes Wochenende fand die Delegiertenversammlung der SVP Schweiz statt. Die Medien überschlugen sich in ihren Sympathiebezeugungen für Bundesrätin Widmer-Schlumpf. Der Ausschlussantrag des Zentralvorstands wurde in toto als ungeheuerliches “Parteidiktat” verdammt. Das vielleicht wichtigere Traktandum, die Beschlussfassung zur Einbürgerungsinitiative, wurde geflissentlich übergangen. Dafür wurde gleichenabends in der Tagesschau wortreich auf die kommende Themenwoche im Schweizer Radio und TV mit dem vielsagenden Titel “wir anderen” hingewiesen, die sich kritisch mit Multi-Kulti und Integration befassen möchte.

Bundesbern liebäugelt mit Brüssel. Kein Misston soll die Liaison stören. Erwartungsgemäss “verpasste” unser Staatsfernsehen die Grossdemonstrationen in Wien, wo am Freitag erneut Tausende von Bürger gegen den geplanten EU-Vertrag protestierten, gegen Demokratiefeinde und Entmündigung.

Dafür meldete der Londoner Korrespondent das Verdikt zu Lady Dianas Unfalltod. Der Fahrer war schuld. Und die Paparazzi.

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