Andor probt den Aufstand

Ich bin kein eingefleischter „Fan“ von Star Wars, aber die Serie „Andor“ über die Revolte gegen das Imperium ist, soweit ich sie jetzt gesehen habe, gelungen.

Der Spin-off der Weltraum-Saga zeigt, dass die Unterdrückung der Freiheit vielleicht (gerade auch heute wieder) noch viel schlimmer werden muss, bis die Ablehnung offen und möglichst grossflächig wird.

So lässt eine treibende Figur der Rebellen („Axis“) einen dreisten Überfall durchführen, vordergründig um die Löhne des Staatspersonals zu klauen und das Imperium zu sabotieren. In Wirklichkeit will L. die Regierung dazu provozieren, noch härtere Repressalien gegen das Volk zu erlassen, um den Widerstand anzustacheln.

Peitsche statt Zuckerbrot
Was prompt geschieht: brutale Razzien, diktatorische Dekrete  im Dienste der “öffentlichen Ordnung und Sicherheit”; das ganze Arsenal, wie in den USA nach dem 11. September per Patriot Act und in der CH kürzlich mit dem neuen Polizeigesetz gegen Terrorismus (PMT). Willkürliche Verhaftungen. Arbeitslager. Verhöre unter Folter sollen das Volk einschüchtern, spalten, unten halten.

Der alternde Revolutionär L. aber will die Resistance bündeln, er ist es müde,  das faschistische Regime (die NS-Aesthetik ist offenkundig)  mit aufreibenden langwierigen Operationen im Verborgenen anzugreifen; er will die Leute endlich aus ihrer Lethargie aufrütteln.

Er will den Aufstand. Je übergriffiger der staatlich-militärische Apparat, desto schneller begehrt das Volk auf. So seine Hoffnung. Denn jeder Mensch habe eine Schmerzgrenze, und er will, dass ganz viele an diese stossen. Um jeden Preis. Im Wissen, dass „people will suffer“.

Was auf diesen ersten Coup folgt zeigt, dass der Kampf gegen die Herrscherkaste nie „sauber“ und gratis ist und immer Opfer verursacht. Weggefährten brechen weg, andere kommen unverhofft dazu. Auch in den inneren Zirkeln gibt es Unzufriedene. Im und ausserhalb des Systems. Auch gewählte Politiker, die die Zustände „legal“ reformieren möchten. Doch auch sie brauchen Verbündete und ohne Geld klappt das nicht so mit dem Umsturz. Da kommt ein anonymer „Spender“ – trotz  zweifelhaften Verbindungen -gelegen. Denn mit guten Absichten und Argumenten alleine ist kein „Krieg“ und keine Abstimmung zu gewinnen.

Fiktion und Realität

Widerstand gegen die Obrigkeit ist nur in Hollywood ein Spiel(film). Es ist ein ewiger Kampf, in der “Demokratie” wird er mit Motionen, Referenden, in TV-Arenen, mit Kolumnen, Vlogs, Liedern, über die Medien ausgefochten. Es geht nicht um Territorium – zumindest nicht direkt – sondern um Narrative.

Der Gegner tritt hierzulande nicht mit Panzern, Patronengürtel oder Camouflage-Tshirt auf. Sondern eher in Gestalt von Experten als gerngesehene Gäste in steuerfinanzierten Talkshows, wo sie Meinungen als Wahrheit feilhalten.

Doch wie seidenfein und adrett das Kostüm auch sein mag, König und Königin sind immer nackt. Je nackter, desto mehr Lametta.

Revolution von unten
Die Hauptcharaktere zeigen, dass jeder „Rebell“ von ureigenen Motiven beseelt ist. Rache, Revanchismus, Ideale, Opportunismus, Liebe. Dass jede Handlung Konsequenzen hat, gewollte und ungewollte. Letzlich hat jeder nur über sich selbst die Kontrolle.  Und je härter das ISB (Imperial Security Bureau) die Schrauben anzieht, umso ungelenker und brüchig  wird die Maschinerie.

“Andor” veranschaulicht, wie wichtig es ist, dass sich die Freiheitsfront verstreut von unten in die Breite entwickelt und nicht zentral „organisiert“ sondern höchstens koordiniert werden darf, sonst ist sie leicht angreifbar und letztlich (s. Querdenker in D) zu schwach gegen das Böse und seine vielen Mitläufer.

Das ist ja gerade die Herausforderung und das Dilemma jeder Widerstandsbewegung: die Sache braucht unerschrockene Persönlichkeiten, die inspirieren und sich trauen, offen aufzubegehren und hoffentlich am Ende gewinnen aber eben nicht auf dem Weg oder spätestens am Ziel dem Gift der Eitelkeit und der Versuchung der Macht verfallen. Man erinnere sich an die Reaktionen auf die Kandidatur für öffentliche Aemter seitens einzelner Exponenten “unserer” Bewegung.

Mit mir oder gegen uns
Immer wieder in der Geschichte hat es diese ungleichen „Brüder“ gegeben, wo es dem einen um die „noble Causa“ und dem andern letzlich bloss um persönliche Ambitionen ging; Danton vs Robbespierre oder Trotzky vs Stalin.

Ich habe bis jetzt die Hälfte der (ersten) Staffel gesehen. Die “Bösen” ziehen alle Register, für die “Guten” siehts echt düster aus. Bin gespannt, wie, bzw. ob sich “Baron Münchhausen” alias Cassian Andor am eigenen Zopf aus dem Sumpf des imperialen Gullags ziehen wird.

Soviel haben die Rebellen  erkannt: der Feind lässt sich nicht mit dessen Waffen schlagen. Old Technology, das Telefon, half schon Neo aus der Matrix zu schlüpfen. Klopfzeichen, keine Push-Benachrichtigunen, warnen Andor auf der Flucht vor seinen Verfolgern.

 

1 Kommentar zu „Andor probt den Aufstand“

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