Alle Jahre wieder…

Pünktlich zum Advent schwappt eine Woge  Religiosität übers Land. In Läden und TV, Zeitschriften und auf Plakaten werden wir auf die Ankunft des Messias eingestimmt. Zu Ostern will der Duisburger Frank Oynshausen einen Jesus “zum Anbeissen”, Marke “Sweetlord” aus 100 g Vollmilchschokolade, in die Supermarktregale bringen.

Das fromme Gebaren  kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Weihnachten schon lange für viele eine säkulare Angelegenheit geworden ist. Mutig strich Oxford 2008 X-mas kurzerhand aus dem öffentlichen Kalender und läutete stattdessen das  “Winter Lights Festival” ein. Traditionalisten protestierten,   “Heiden” jubilierten, hatten sie sich doch endlich ihr  Sonnenwendfest zurückerobert!

Die Zeichen fortschreitender Verweltlichung veranlassen viele zu einer händeringenden Diskussion um die Wichtigkeit des Glaubens als moralische Stütze und gemeinschaftsfördernde Kraft.  Ohne, würden Dekadenz, Haltlosigkeit, Entmenschlichung um sich greifen. Nichts davon ist belegbar, solche Tiraden entspringen dem tiefverwurzelten Wunsch, sich dem Fortschritt zu verweigern, das Neue auszusperren.

Zurück in die Zukunft?
In den letzten Jahrzehnten haben sich die Gegensätze zwischen der Wissenselite und den bildungsfernen Schichten, zwischen Reich und Arm, zwischen den progressiven Kräften und den reaktionären Tendenzen in Gesellschaft und Politik verschärft. Die schwindende Bedeutung der Kirchen zeigt, dass sich die Menschen Sinn und Erfüllung anderswo suchen und finden. Den Himmel haben sie uns sowieso nie ohne Hölle gegönnt.  Wenn wir den Traum von Paradies begraben kommen wir vielleicht dem einzig möglichen Glück, dem irdischen etwas näher.

Die Lehrpläne unserer Schulen sollen sich an der Realität orientieren. Kinder müssen  auf’s Leben vorbereitet werden, sonst zerbrechen sie als Erwachsene daran. Dazu braucht’s das Poesiebuch genauso wie die Rechenfibel, aber sicherlich keine Märchengeschichten. Die Angst, geboren aus Ignoranz und Unsicherheit,  macht uns manipulierbar, dabei erkennen schon die Jüngsten Scharlatane, rebellieren innerlich gegen überholte Vorbilder.  Das “Bessere” setzt sich  schliesslich durch, wird der faire Wettbewerb zugelassen.

Kids can give you a big surprise!
Alles fliesst, ob wir es wahrhaben oder nicht.  Die Jugend erobert sich stets den ihr zustehenden Platz zurück.  Wir sollten ihre Energie nicht unterschätzen, mahnte vor Jahren Frank Zappa, selbst ein enfant terrible der Pop-Kultur.  Die Entwicklung verläuft manchmal in unkonventionellen Bahnen: was haben sich Lehrer doch beklagt über die Lesefaulheit der Schüler. Vielleicht lag’s am Angebot?  J.K. Rowling jedenfalls schrieb sich in Millionen von Kinderherzen. Nächtelang wird vor Läden campiert, die einen tun’s für Harry Potter, die andern fürs I-phone.

Die Swisscom profitiert gerade während den Festtagen enorm vom menschlichen Kommunkationsbedürfnis. Die Flut an  SMS straft alle  Unkenrufe Lügen, die den modernen, westlichen Menschen immer isolierter, autistisch fast, vereinsamt darstellen. Das Internet erlebt eine “kambrische Explosion”, die steigenden Userzahlen zeigen, dass der Wunsch, Anteil zu nehmen, sich mitzuteilen, ungebrochen ist.  Auch in und durch Blogs wie diesen.

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